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Der „AI Scientist“ und die Zukunft des Journalismus

In dieser Woche hat ein Projekt namens „The AI Scientist“ in der internationalen Forschungsgemeinschaft für Aufsehen gesorgt. Entwickelt von Sakana AI in Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Oxford und der University of British Columbia, verspricht dieses System nichts Geringeres als die weitgehende Automatisierung des gesamten wissenschaftlichen Forschungsprozesses. Der AI Scientist, der am 13. August 2024 vorgestellt wurde, ist das Ergebnis jahrelanger Forschung und baut auf früheren Erfolgen von Sakana AI auf, wie der automatischen Verschmelzung des Wissens mehrerer großer Sprachmodelle (LLMs) und der Entdeckung neuer Zielfunktionen für das Finetuning von LLMs.

Das System ist tatsächlich ziemlich bemerkenswert in seiner Fähigkeit, den gesamten Forschungszyklus zu automatisieren. Es beginnt mit der Ideengenerierung, bei der der AI Scientist eigenständig neue Forschungsrichtungen vorschlägt und deren Neuartigkeit bewertet.

Anschließend führt er experimentelle Iterationen durch, wobei er sogar eigenständig Experimente plant, durchführt und die Ergebnisse analysiert. Das geht natürlich nur für Experimente, die auch innerhalb eines Computers mittels Programmcode durchgeführt werden können, beispielsweise im Bereich Data Science oder Machine Learning.

Ein besonders beeindruckendes Feature ist die Fähigkeit des Systems, vollständige wissenschaftliche Manuskripte zu verfassen, einschließlich der Erstellung von Visualisierungen und der Einbindung relevanter Zitate!

Darüber hinaus verfügt der AI Scientist über einen automatisierten Peer-Review-Prozess mittels eigener KI-Agenten. Diese bewerten die generierten Arbeiten, geben Feedback und helfen so bei der kontinuierlichen Verbesserung der Forschungsansätze.

In ersten Tests hat das System bereits beeindruckende Ergebnisse geliefert, indem es neue Beiträge in komplexen Bereichen wie Diffusionsmodellen, Transformerarchitekturen und dem Phänomen des „Grokkings“ generierte.

Interessant sind auch die Angaben zu den Kosten des Systems: Laut den Entwicklern kann jede Idee für etwa 15 Dollar in ein vollständiges wissenschaftliches Paper umgesetzt werden. Dies eröffnet potenziell neue Möglichkeiten für die Demokratisierung der Forschung und könnte den wissenschaftlichen Fortschritt erheblich beschleunigen.

Wieso nicht gleich ein „AI Journalist“?

Doch die Implikationen dieses ehrgeizigen Projekts reichen weit über die Grenzen der Wissenschaft hinaus und werfen wichtige Fragen zur Zukunft anderer wissensbasierter Bereiche auf, insbesondere des Journalismus. Die Fähigkeiten des AI Scientist lassen sich auf den journalistischen Prozess übertragen. Ein hypothetischer „AI Journalist“ könnte Aufgaben wie Themenfindung, Recherche, Artikelerstellung und sogar die Produktion multimedialer Inhalte übernehmen.

Stellen wir uns vor, ein solches System würde auf den Journalismus angewendet: Es könnte automatisch Nachrichtenquellen und soziale Medien überwachen, um aufkommende Themen und Trends zu identifizieren. Es könnte große Datenmengen durchsuchen und analysieren, um tiefgreifende Recherchen durchzuführen.

Die Erstellung von Artikeln in verschiedenen Stilen und Formaten, angepasst an unterschiedliche Zielgruppen, ist ebenso möglich wie die automatische Generierung passender Bilder, Infografiken und Videos. Sogar die Personalisierung von Inhalten basierend auf individuellen Leserinteressen und -verhalten könnte durch ein solches System realisiert werden.

Bitte keine Automatisierung!

Die Vorstellung von KI-gesteuerten Nachrichtenredaktionen, die rund um die Uhr personalisierte Inhalte produzieren, mag zunächst verlockend erscheinen. Die potenziellen Vorteile in Bezug auf Effizienz, Skalierbarkeit und Kosteneinsparungen sind offensichtlich. Doch während die technologischen Möglichkeiten faszinierend sind, ist es entscheidend, die damit verbundenen Risiken und ethischen Implikationen gründlich zu betrachten.

Trotz des unbestreitbaren Potenzials der KI in der Informationsverarbeitung und Textproduktion, gibt es zwingende Gründe, warum der menschliche Faktor insbesondere im Journalismus Bereich unverzichtbar bleibt:

  1. KI-Systeme mögen beeindruckende Fähigkeiten in der Datenverarbeitung und Texterstellung haben, doch sie stoßen an ihre Grenzen, wenn es um das tiefe Verständnis komplexer gesellschaftlicher Zusammenhänge geht. Menschliche Journalisten bringen lebensweltliche Erfahrungen, Intuition und die Fähigkeit zum kritischen Denken mit – Qualitäten, die für eine fundierte und nuancierte Berichterstattung unerlässlich sind.
  2. Die journalistische Ethik stellt eine weitere Herausforderung für KI-Systeme dar. Oft erfordert die Arbeit eines Journalisten komplexe ethische Abwägungen, sei es beim Schutz von Quellen oder bei der Entscheidung, welche Informationen im öffentlichen Interesse veröffentlicht werden sollten. Diese Art von Urteilsvermögen, die auf einem tiefen Verständnis menschlicher Werte und gesellschaftlicher Normen basiert, liegt derzeit jenseits der Fähigkeiten künstlicher Intelligenz.
  3. Zudem zeichnet sich herausragender Journalismus oft durch Kreativität und originelles Denken aus. Bahnbrechende investigative Arbeiten erfordern häufig unkonventionelle Ansätze und die Fähigkeit, Verbindungen herzustellen, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich sind. KI-Systeme, so fortschrittlich sie auch sein mögen, sind letztlich auf vorhandene Daten und programmierte Algorithmen beschränkt. Sie können Muster erkennen und Inhalte generieren, aber echte Kreativität und Innovation bleiben eine Domäne des menschlichen Geistes.

Eine unkritische Anwendung von KI im Journalismus birgt erhebliche Risiken

Ohne sorgfältige menschliche Überwachung könnten KI-Systeme zur Verbreitung von Fehlinformationen beitragen, indem sie falsche oder irreführende Informationen verstärken. Es besteht die Gefahr, dass die journalistische Integrität untergraben wird, wenn Nachrichten primär auf Basis von Algorithmen optimiert werden, die auf Engagement und Klickzahlen ausgerichtet sind, statt auf fundierte Berichterstattung.

Angesichts dieser Herausforderungen erweist sich der „Human-in-the-Loop“-Ansatz als vielversprechendster Weg für die Zukunft des Journalismus. Dieser Ansatz sieht vor, dass KI als leistungsfähiges Unterstützungswerkzeug eingesetzt wird, während Menschen die Kontrolle über den redaktionellen Prozess behalten.

Kai Spriestersbach

KI kann ohne Frage bei der Recherche, Datenanalyse und der Erstellung erster Textentwürfe wertvolle Dienste leisten. Die endgültige inhaltliche Gestaltung, die kritische Bewertung und die Entscheidung über die Veröffentlichung sollten jedoch in den Händen erfahrener Journalisten bleiben!

Um diesen Ansatz erfolgreich umzusetzen, sind kontinuierliche Schulungen sowohl für KI-Systeme als auch für menschliche Journalisten unerlässlich. Die KI-Tools müssen regelmäßig überprüft und angepasst werden, um ihre Leistung und Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig müssen Journalisten im effektiven Umgang mit diesen neuen Technologien geschult werden, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, ohne dabei die Grundprinzipien des Journalismus aus den Augen zu verlieren.

Transparenz gegenüber dem Publikum spielt eine entscheidende Rolle in diesem Prozess

Nachrichtenorganisationen sollten offen kommunizieren, wenn KI bei der Erstellung von Inhalten beteiligt war, und die verwendeten Methoden sowie deren Grenzen offenlegen. Dies fördert das Vertrauen der Öffentlichkeit und ermöglicht es den Lesern, die Quellen und Prozesse hinter den Nachrichten, die sie konsumieren, besser zu verstehen.

Letztendlich wird der Journalismus der Zukunft wahrscheinlich eine sorgfältig austarierte Symbiose zwischen menschlicher Expertise und KI-Unterstützung sein. Die größte Herausforderung wird darin bestehen, die Vorteile der KI zu nutzen, ohne die Grundprinzipien des Journalismus zu kompromittieren. Nur durch einen verantwortungsvollen, ethischen und menschenzentrierten Ansatz können wir sicherstellen, dass der Journalismus auch im KI-Zeitalter seine wichtige Rolle als vierte Gewalt in der Demokratie erfüllt.

Kai Spriestersbach

Der AI Scientist zeigt uns das enorme Potenzial von KI in komplexen intellektuellen Prozessen. Im Journalismus könnte ähnliche Technologie zu einer Effizienzsteigerung und Erweiterung der Berichterstattung führen. Doch es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die Grenzen und Risiken dieser Technologien erkennen und den menschlichen Faktor nicht aus den Augen verlieren. Nur so können wir eine Zukunft gestalten, in der Technologie den Journalismus bereichert, ohne dessen Kern – die menschliche Perspektive, Ethik und kritisches Denken – zu ersetzen.

KI-Automatisierung in anderen Bereichen

Während die vollständige Automatisierung des investigativen Journalismus noch in weiter Ferne liegt, eröffnen sich in anderen Bereichen der Textproduktion bereits heute vielversprechende Möglichkeiten für den Einsatz von KI. Es lohnt sich, einen differenzierten Blick auf verschiedene Textformate zu werfen und zu untersuchen, wo eine Automatisierung sinnvoll und machbar ist.

Besonders im Bereich der Produkt- und Gebrauchstexte zeigt sich ein erhebliches Potenzial für KI-gestützte Automatisierung. Diese Textsorten, zu denen beispielsweise Produktbeschreibungen, technische Dokumentationen oder FAQ-Seiten gehören, folgen oft standardisierten Strukturen und basieren auf klar definierten Informationen. Hier können KI-Systeme ihre Stärken in der Verarbeitung großer Datenmengen und der konsistenten Anwendung vorgegebener Muster voll ausspielen.

Ein Beispiel hierfür ist die Erstellung von Produktbeschreibungen für Online-Shops. E-Commerce-Plattformen wie Amazon oder Zalando müssen täglich tausende neue Produkte mit aussagekräftigen Beschreibungen versehen. KI-Systeme können dabei helfen, aus technischen Spezifikationen, Herstellerinformationen und Kundenbewertungen automatisch ansprechende und informative Produkttexte zu generieren. Dies spart nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern gewährleistet auch eine konsistente Qualität und Struktur über das gesamte Produktsortiment hinweg.

Auch im Bereich der technischen Dokumentation eröffnen sich interessante Möglichkeiten. KI-Systeme können aus technischen Daten, Bedienungsanleitungen und Fehlerbehebungsprotokollen strukturierte und leicht verständliche Anleitungen erstellen. Sie können sogar verschiedene Versionen für unterschiedliche Zielgruppen generieren, von detaillierten technischen Handbüchern für Experten bis hin zu vereinfachten Kurzanleitungen für Endverbraucher.

Im Finanzsektor werden bereits KI-Systeme eingesetzt, um aus komplexen Finanzdaten automatisch Marktberichte und Analysen zu erstellen. Diese Texte folgen oft einem standardisierten Format und basieren auf quantitativen Daten, was sie für eine KI-gestützte Erstellung prädestiniert. Große Nachrichtenagenturen wie Bloomberg und Reuters nutzen solche Systeme bereits erfolgreich, um die Geschwindigkeit und den Umfang ihrer Finanzberichterstattung zu erhöhen.

Auch im Sportjournalismus, insbesondere bei der Berichterstattung über Sportereignisse mit klaren statistischen Daten, können KI-Systeme wertvolle Unterstützung leisten. Sie können aus Spielstatistiken, historischen Daten und aktuellen Entwicklungen automatisch Spielberichte generieren, die die wichtigsten Ereignisse und Leistungen zusammenfassen.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass selbst in diesen Bereichen, wo die Anforderungen an Kreativität und kritisches Denken möglicherweise geringer sind, die menschliche Überwachung und Kontrolle unerlässlich bleibt. Die Technologie hat ihre Grenzen und Schwächen, die es zu verstehen und zu managen gilt.

Kai Spriestersbach

Eine der Hauptherausforderungen besteht darin, die KI-Systeme mit ausreichend hochwertigen und relevanten Daten zu füttern. Nur so können sie akkurate und nützliche Texte produzieren. Es bedarf einer sorgfältigen Kuratierung der Eingabedaten und einer kontinuierlichen Überprüfung der Ausgaben, um Fehler oder unbeabsichtigte Verzerrungen zu vermeiden.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Anpassungsfähigkeit der Systeme an sich ändernde Anforderungen und Kontexte. Produktbeschreibungen müssen beispielsweise an neue Markttrends oder gesetzliche Vorgaben angepasst werden, technische Dokumentationen müssen mit Produktaktualisierungen Schritt halten. Hier ist menschliches Urteilsvermögen gefragt, um die KI-Systeme entsprechend zu justieren und ihre Ausgaben zu validieren.

Darüber hinaus gibt es ethische und rechtliche Überlegungen zu berücksichtigen. Auch wenn es sich um scheinbar unkritische Textsorten handelt, können unbedachte Formulierungen oder versteckte Vorurteile in automatisch generierten Texten problematische Auswirkungen haben. Eine menschliche Prüfung auf Angemessenheit und potenzielle negative Implikationen bleibt daher unerlässlich.

Die Zukunft der Textproduktion liegt in einer hybriden Herangehensweise

KI-Systeme können die Grundlagen schaffen, indem sie Rohtexte generieren, Daten zusammenfassen und konsistente Strukturen vorgeben. Menschliche Redakteure und Experten übernehmen dann die Rolle der Kuratoren, Editoren und Qualitätsprüfer. Sie verfeinern die Texte, fügen nuancierte Einsichten hinzu und stellen sicher, dass die endgültigen Produkte den gewünschten Qualitätsstandards entsprechen.

Diese Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine ermöglicht es, die Effizienz und Skalierbarkeit der KI-Systeme zu nutzen, ohne dabei auf die unverzichtbaren menschlichen Qualitäten wie Urteilsvermögen, Kreativität und ethisches Bewusstsein zu verzichten. So können Unternehmen und Organisationen von den Vorteilen der Automatisierung profitieren, während sie gleichzeitig die Qualität und Integrität ihrer Texte wahren.

Letztendlich zeigt diese differenzierte Betrachtung, dass die KI-gestützte Textautomatisierung kein Alles-oder-Nichts-Szenario ist. Es gibt ein breites Spektrum von Anwendungsmöglichkeiten, die je nach Textsorte, Zielgruppe und Anforderungen variieren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Stärken der KI gezielt dort einzusetzen, wo sie den größten Mehrwert bieten, und gleichzeitig die menschliche Expertise dort zu bewahren, wo sie unverzichtbar ist. Nur so kann eine ausgewogene und effektive Integration von KI in die Textproduktion gelingen, die sowohl die Effizienz steigert als auch die Qualität und Integrität der Inhalte gewährleistet.

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Kai Spriestersbach

Kai Spriestersbach

Kai Spriestersbach ist erfolgreicher Unternehmer und digitaler Stratege mit einem Master-Abschluss in Web Science. Er ist Inhaber von AFAIK und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Aufbau und der Optimierung von webbasierten Geschäftsmodellen. Als einer der erfahrensten Search Marketing Experten im deutschsprachigen Raum hat er mehr als 25 Vorträge auf SEO- und Online-Marketing-Konferenzen in Deutschland und Österreich gehalten. In den letzten Jahren hat er sich intensiv mit Large Language Models beschäftigt und sich als Experte für die Textgenerierung mit Hilfe künstlicher Intelligenz etabliert. Seine Karriere begann er mit einer Ausbildung zum Mediengestalter (IHK), bevor er den Bachelor of Science (B.Sc) in E-Commerce absolvierte. Anschließend erwarb er den Master of Science (M.Sc) in Web Science und forschte an der RPTU im Bereich angewandter generativer KI.

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